Die kranke Häsin

oder

Trostloser Trost

Die Häsin lag sehr krank danieder. Der Hase war auswärts, da waren die sieben kleinen Kinder sich selbst überlassen…..

 

Da kam der Igel zu Besuch, brachte ein paar frische Kleeblätter mit und sagte: „Kommt Zeit, kommt Rat!“ Gut gemeint; aber als er gegangen war, überlegte die Kranke: Wann kommt die Zeit und welcher Rat wird es sein?

 

Tags darauf sah die Eule herein und meinte: „Kopf hoch, Frau Nachbarin, so trägt eben jeder sein Päckchen!“ – Das ist schon kein Päckchen mehr, dachte die Kranke, und was soll das schon heißen: Kopf hoch?! Ich habe ja gar keine Kraft.

 

„Lassen Sie nur, es wird nichts so heiß gegessen wie gekocht!“ flüsterte das Reh an der Nestkante. Das war gut gemeint, aber die Häsin grübelte bitter: Was wissen die schon. Solchen Humor kann ich nicht vertragen. Ich weiß nicht ein noch aus.

Die alte Katze sah auch kurz herein und erkundigte sich nach dem Befinden. „Es wird schon werden!“ Doch die Kranke verzweifelte fast: Wer ist schon „es“, und was soll werden? Ich habe den Eindruck, dass überhaupt nichts wird.      

 

Als dann der Maulwurf seine Hemmungen überwand und durchs Fenster rief: „Keine Sorge! Ende gut, alles gut!“, da empfand die Häsin nur noch Bitterkeit. Denn in der Küche tobten die Jungen und nichts war fertig geworden. Dazu noch die eigene Angst.

 

Witzig sollte es klingen als die Elster vom Baum aus rief: „Kommen wir über den Hund, kommen wir über den Schwanz. Geduld, Geduld, Geduld!“ – Können die alle sich denn gar nicht vorstellen, wie es mir zumute ist?, dachte die Kranke. Müssen sie denn alle solchen gutgemeinten Unsinn reden? Das sind doch Sätze, die alles und nichts sagen.

 

Schließlich kam das Rebhuhn zu Besuch, erzählte von draußen in einem Wortschwall ohne Ende und empfahl sich zum Schluß mit den Worten: „Wir werden sehen!“ Was werden wir denn sehen?, zweifelte die Häsin und wer ist schon wir?

Während sie noch voller Enttäuschung so nachdachte und merkte, dass all der gutgemeinte Trost im Grunde keiner war, kamen die Ameisen herein, grüßten kurz, stellten Feldblumen auf den Tisch, machten die Küche sauber, versorgten die jungen Hasen, waren bei alledem sehr leise und verabschiedeten sich ohne jeden Aufwand. Da trat so viel Ruhe ein und vor allem: Die Hoffnung wuchs.

Die fleißigen Ameisen waren die Einzigen, die nicht nur redeten, sie taten, was sie konnten.
Moral von der Geschicht: Nicht Worte, sondern Werke!! Worte allein genügen nicht. Gewiss ein gutes Wort ist mitunter wichtig und richtig, aber es muss ein gutes Wort sein, das nicht nur so dahergeredet wird.